Neuere deutsche Literatur

 

Die Professur vertritt das Fachgebiet in seiner gesamten Breite vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Zugleich profiliert sie zwei literaturtheoretische und -historische Forschungsfelder:

Erstens nimmt sie an der Schnittstelle von Poetik, Ästhetik, Wissenskultur und Medientheorie in den Blick, wie sich historisch eigenständige literarische Epistemologien herausbilden: basale Körpertechniken (Techniken wie das Augenmaß oder das Kitzeln), Formationen im Zwischenraum von Wissen und Nichtwissen (wie Unschärfe-Phänomene), die Konstitution von Gefühls- und Empfindungskulturen (Narratologie der Liebe) sowie der Ökonomie und Dingkultur (Warenästhetik) stehen im Fokus dieser Ausrichtung. Diese Forschung betrachtet die deutschsprachige Literatur(-geschichte) stets im europäischen Kontext.

Zweitens profiliert die Professur die Gegenwartsliteraturforschung. Im Sowohl-Als-auch von Literaturwissenschaft und -kritik erarbeitet sie ein anwendungsbezogenes Profil der Literaturgeschichtsforschung. Dazu gehört, die aktuellen Entwicklungen der Literatur- und Medientheorie voranzutreiben (New Materialism / Dokumentarismus). Dazu fügt sich ein Akzent auf die Gegenwartslyrik und Lyriktheorie. Und das geschieht, indem die Themen des ersten Schwerpunkts fest im Blick bleiben.

Die Professur will mit der Verschränkung von historischer Literaturwissenschaft, Literaturtheorie und Gegenwartsliteraturforschung die öffentliche Sichtbarkeit der literaturwissenschaftlichen Forschung erhöhen. Sie möchte die anwendungsbezogene Ausbildung – wie sie im neuen MA-Studiengang des Instituts angelegt ist – schärfen und zugleich die Praktiken der Literaturvermittlung systematisch erforschen. Die Gegenwartsliteraturforschung eröffnet neue Kooperationsfähigkeiten zwischen Wissenschaft, Feuilleton, Literaturmarkt und Literatinnen (Artistic Research). Sie führt innovative Publikations-, Lehr- und Veranstaltungsformen ein.

 

Leiter des Lehr- und Forschungsgebiets

Universitätsprofessor Dr. Christian Metz

 

Mitarbeiterin

Nina Janz

 

Sekretariat

Wiltrud Kirfel

 

Aktuelle Forschungsschwerpunkte

Die Publikationen und Forschungsaktivitäten konzentrieren sich auf die folgenden Bereiche:

1. Kulturwissenschaftlicher / wissenstheoretischer Schwerpunkt

Ästhetik und Politik basaler Köpertechniken: Augenmaß

Im direkten Anschluss zur Gefühls- und Emotionsforschung steht die derzeitige Arbeit zu basalen Körpertechniken. Diese bilden minimale Einheiten des Bewegens und Handelns, in denen sich Natur, Kultur und Technik verschränken. An dieser, an der RWTH stark profilierten Schnittstelle gibt es bislang kaum literaturwissenschaftliche Forschung. Das Projekt „Ästhetik und Politik des Augenmaßes“ wird von der VW-Stiftung gefördert.

Deutschlandfunk, Sendung vom 11.7.21

Literarische Unschärfe

Einer Ästhetik der Unschärfe kommt in Fotografie, Film und Malerei seit jeher eine gewichtige Rolle zu. Im Gegensatz dazu wird sie in der Literatur als Marginalie gehandelt. Die Inszenierung von Unschärfe ist aber sehr wohl auch ein literarisches Phänomen. Sie lässt sich von einer Theorie des Lesens aus als zeichentheoretische, erzähltheoretische und rhetorische Textfigur bestimmen. Seit der Frühen Neuzeit, so die These des Forschungsprojekts, kommt der Literatur innerhalb des Unschärfe-Diskurses eine elementare Rolle zu. Die Forschung zur literarischen Unschärfe zielt auf interdisziplinäre Kooperationen – wie jüngst mit dem Zentrum für Liturgieforschung in Lutherstadt / Wittenberg.

Literaturtheorie / Diffraktion

Von so unterschiedlichen Perspektiven wie den aktuellen Gendertheorien, den einschlägigen Texttheorien aber auch der Forschung zur Posthermeneutik und zu Gefühskulturenl stoßen die einschlägigen Forschungen immer wieder auf die Frage, inwiefern das Leibliche, Materiale, Asemiotische in die Zeichenhaftigkeit der Kultur hineinragt. Und umgekehrt Die Theorie der Beugung / Diffraktion eröffnet ein Denkmodell, um diese Figur als Verschränkung zu deuten. Diese Denkweise erlaubt einen neuen Blick nicht zuletzt auf die Poetiken der Dokumentation und des Authentischen, die derzeit die literarische Ästhetik bestimmen. Mit der Forschung zum New Materialism schreibt die Professur die Theorien der Dekonstruktion und Performativität fort.

2. Schwerpunkt: Gegenwartsliteraturforschung / Ästhetik / Vermittlung

Ästhetische Energie

Ein Ausgangspunkt für ein neues Forschungsprojekt bildet die Lehre zu ästhetischen Energien. Sowohl in den Natur-, Technik- und Gesellschaftswissenschaften als auch in der ästhetischen Theorie und Praxis sind Energiefragen von höchster Relevanz. Einerseits sollen die Theorien und Vorstellungen von ästhetischer Energie historisch erarbeitet werden. Von der Imagination des göttlichen Funkens in der Frühen Neuzeit, über den blitzartigen Einfall des Geniekults um 1800, bis zu den Theorien ästhetischer Energie bei Aby Warburg und später Stephen Greenblatt. Andererseits solle in den Blick kommen, welche Vorstellungen von ästhetischer Energie zeitgenössische Künstlerinnen und Dichterinnen formulieren.

Literaturkritikforschung

Im April 2022 findet eine gemeinsam mit der US-Amerikanischen Germanistin May Mergenthaler (Ohio-State University) organisierte Workshop-Tagung zur Valorisierungsarbeit von Lyrikkritik statt. Für die Tagung kooperiert der Lehrstuhl mit dem Internationalen Zeitungsarchiv (Universität Innsbruck) sowie mit dem in Bonn ansässigen Graduiertenkolleg „Gegenwart/Literatur“. Der Workshop führt renommierte Literaturkritiker mit Verlegern, Autoren und Wissenschaftlern zusammen.

Am 1. Juli ist der Literaturkritiker Jan Drees (Deutschlandfunk) zu Gast zu einem Workshop „Erzählen in der Literaturkritik“. (Weitere Informationen folgen).